Zahnspange für Kinder: Hintergründe, Behandlungsmethoden

Fehlstellungen der Zähne oder Kiefer haben nicht nur negative Folgen für die Ästhetik, sondern können sich auch auf das Essverhalten von Betroffenen auswirken. Die beste Zeit für eine kieferorthopädische Behandlung ist im Kindes- bzw. Jugendalter. Hier begünstigt das natürliche Wachstum die Behandlung und in bestimmten Fällen werden die Behandlungskosten von der Krankenkasse übernommen.

lächelnde frau hält retentionsplatte in den der hand

Das Wichtigste vorab:

  • Der natürliche Wachstumsschub von Kindern begünstigt eine kieferorthopädische Behandlung.
  • Der optimale Zeitpunkt für eine Zahnspange für Kinder liegt je nach Durchbruchsstatus bei 9 – 11 Jahren.
  • Bis zum 18. Lebensjahr übernimmt die Krankenkasse 100 Prozent der Kosten, wenn die Einstufung in die kieferorthopädischen Indikationsgruppen 3-5 erfolgt.

Wann ist eine Zahnspange bei Kindern sinnvoll?

Der optimale Beginn für eine kieferorthopädische Behandlung lässt sich nicht eindeutig am Alter festmachen. Wichtiger ist in diesem .sammenhang, wie viele Zähne bereits durchgebrochen sind. Im sogenannten Durchbruchsstatus stellt der Kieferorthopäde fest, in welcher Phase des Zahnwechsels sich das Kind befindet. Behandlungsbeginn für eine feste Zahnspange für Kinder ist in der zweiten Phase anzuraten, dem sogenannten Wechselgebiss. Kinder befinden sich mit 9-11 Jahren in dieser Phase.

Bei gravierenden Fehlstellungen kann die Behandlung bereits ab etwa dem 6. Lebensjahr begonnen werden. Vor allem, wenn es Auffälligkeiten in der Lage der Kiefer zueinander oder in der Kieferbreite gibt. Voraussetzung für den Gebrauch einer festen Zahnspange ist, dass die ersten bleibenden Backenzähne (Molaren) bereits voll durchgebrochen sind.

Warum sollte bei frühzeitig begonnen werden?

Die erste Vorstellung beim Kieferorthopäden sollte frühzeitig erfolgen. So können Zahnfehlstellungen früh erkannt werden und die Wachstumsphasen des Kindes möglichst effizient genutzt werden. Zu den behandlungsbedürftigen Fehlstellungen zählen ein Engstand der Zähne, das Lückengebiss, Kreuzbiss, Überbiss, Vorbiss, Tiefbiss und Deckbiss.

Im Milchzahngebiss ist die Indikation für eine Behandlung nur in wenigen Fällen gegeben. In diesen Ausnahmefällen arbeitet man ausschließlich mit herausnehmbaren Geräten. Diese können das Kieferwachstum beeinflussen und mit bestimmten Arten kann auch die Kieferstellung behandelt werden.

Was ist der Unterschied zu einer Erwachsenenbehandlung?

Im Unterschied zur Behandlung im erwachsenen Gebiss zeigt sich bei Kindern und Jugendlichen eine deutlich kürzere Behandlungsdauer. Dies kommt daher, dass im Jugendalter bestimmte Wachstumsphasen durchlebt werden. Diese können für die kieferorthopädische Behandlung genutzt werden. Zudem wird in diesem Alter mit dem Wechselgebiss gearbeitet. Die Zähne sind noch nicht vollständig durchgebrochen und verankert. Die Bewegung der Zähne erweist sich dementsprechend als leichter und schneller.

Können Zahnfehlstellungen bei Kindern vorgebeut werden?

Um einer kieferorthopädischen Behandlung vorzubeugen, können Sie als Eltern bereits sehr früh in der Kindesentwicklung Einfluss nehmen. Durch das Stillen z.B. trainiert das Kind auf natürliche Weise die Muskeln im Gesichts- und Mundbereich. Alternativ hierzu können bestimmte Sauger verwendet werden. Des Weiteren sollte darauf geachtet werden, dass das Kind nicht unnötig lange an Flaschen oder Schnuller nuckelt. Dies kann die Zahnstellung negativ beeinflussen. Hierzu zählt auch, dass das Kind mit 3 Jahren möglichst nicht mehr den Schnuller benutzt oder am Daumen lutscht. 

Welche Spangen gibt es für Kinder?

Je nach Alter und Zahnfehlstellung kommen verschiedene Arten von Zahnspangen für Kinder in Frage. Grob unterscheidet man lose bzw. herausnehmbare und feste Spangen.

Lose bzw. herausnehmbare Spangen

Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei herausnehmbaren Zahnspangen um Geräte, welche vom Patienten selbst entfernt werden können. Hier unterscheidet man verschiedene Unterarten:

FKO-Geräte

Funktionskieferorthopädische Geräte, kurz FKO-Geräte, stellen eine Untergruppe der herausnehmbaren Spangen dar und werden zur Korrektur von Kieferfehlstellungen eingesetzt. Stehen die Kiefer falsch zueinander oder ist ein Kiefer zu schmal oder zu breit, so greift ein Aktivator, Bionator, Funktionsregler oder eine Doppelvorschubplatte in das natürliche Kieferwachstum ein.

Aktive Geräte

Bei aktiven Geräten handelt es sich um Kunststoffplatten, welche für jeden Patienten individuell hergestellt werden. Diese werden mit gebogenen Drahtelementen an den Zähnen befestigt werden. Sie werden während des Zahnwechsels genutzt, um einen Platzmangel für durchbrechende Zähne zu beseitigen.

Aligner/ Invisalign

Aligner bzw. Invisalign sind durchsichtige Kunststoffschienen, welche zur Behandlung leichterer Zahnfehlstellungen eingesetzt werden. Manche stärkere Zahnfehlstellungen können auch behandelt werden, jedoch muss mit einer längeren Behandlungszeit gerechnet werden. Die Kunststoffschienen sind durchsichtig und somit nahezu unsichtbar.

Ein klarer Vorteil dieser Art von Zahnspangen ist, dass sie vom Patienten selbst herausgenommen werden können. Dadurch wird weder das Essverhalten eingeschränkt, noch das Risiko für Karies erhöht. Dagegen ist der Behandlungserfolg mit herausnehmbaren Spangen stark von der Mitarbeit des Patienten abhängig. Diese müssen für gewöhnlich mindestens 22 Stunden pro Tag getragen werden, um eine Wirkung zu zeigen.

Feste Spangen

Im Gegensatz zu herausnehmbaren Geräten können festsitzende Zahnspangen nicht vom Patienten entfernt werden. Eine Korrektur von größeren Zahnfehlstellungen ist oft nur mit dieser Zahnspangenart möglich.

Bei dieser Methode werden sogenannte Brackets in einer speziellen Position auf den Zahn geklebt und auf den 1. Molaren Metallbänder aufgebracht. Durch diese Brackets und Bänder wird ein vorgeformter Bogen geführt, welcher die Zähne durch leichte Druckausübung in die richtige Position führt.

Auch bei der festen Zahnspange gibt es Unterschiede:

Die Brackets

Brackets bestehen aus Metall oder Keramik. Bei den konventionellen Brackets werden die Bögen mit Gummiringen, welche um die Ecken der Brackets gezogen werden, befestigt. Der Patient hat hier die Auswahl aus verschiedenen Gummifarben. Daneben wird bei selbstligierenden Brackets der Bogen durch eine eingearbeitete Metallklappe gehalten. Diese Bracket Art hat den Vorteil, dass ohne die Gummiringe die Mundhygiene weniger eingeschränkt ist und die Behandlungsdauer durch weniger Widerstand verkürzt wird.

Einen ästhetischen Vorteil bieten innenliegende Brackets. Die sogenannten Lingualbrackets werden innen auf die Zähne aufgebracht und sind so von außen nicht sichtbar. Diese werden aus einer speziellen Metalllegierung individuell für den Patienten hergestellt und arbeiten ebenfalls in Verbindung mit Bögen. Der Zungenraum ist hier jedoch stark eingeschränkt, was vor allem zu Beginn als unangenehm empfunden wird.

Die Bögen

Bei den Bögen unterscheidet man zwischen Stahlbögen, thermoelastischen Bögen und superelastischen Bögen. Zu Behandlungsbeginn werden die thermoelastischen oder sogar superelastischen Bögen genutzt. Sie erzeugen weniger starken Druck, wodurch die Zähne sanfter in die richtige Position gebracht werden. Erst später werden die starren Stahlbögen verwendet.

Passend zu Keramikbrackets sind auch unauffällige, weiß beschichtete Bögen vorhanden.

Die Außenspangen

Die effektivste Methode zur Behandlung eines umgekehrten Frontzahnüberbisses bietet die Delaire-Maske. Das Außengestell muss nur außerhalb der Schulzeit getragen werden und begünstigt in einer Behandlungsdauer von ca. drei Monaten das Kieferwachstum enorm. Eine weitere Außenspange ist der sogenannte Headgear.

Was kostet eine Zahnspange?

Abhängig von der Art der Zahnspange und Behandlungsdauer variieren die Kosten zwischen 2000 Euro – 8000 Euro. Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres werden die Kosten für die Zahnspange von der Krankenkasse übernommen, wenn der kieferorthopädische Befund in die kieferorthopädischen Indikationsgruppen 3-5 eingestuft wird.

Werden die Kosten von der Krankenkasse übernommen?

Um klare Regeln festzulegen, wann es sich bei einer kieferorthopädischen Behandlung um eine Kassenleistung handelt, haben die Krankenkassen die kieferorthopädischen Indikationsgruppen, kurz KIG, eingeführt. Hier werden verschiedene Krankheitsbilder betrachtet. Besonderes Augenmerk wird auf tiefen Biss (T), Überbiss (Ü) und offenen Biss (O) gelegt, deren unterschiedliche Einstufung in die Indikationsgruppen durch Millimetergrenzen festgelegt ist.

Es werden 5 kieferorthopädische Indikationsgruppen unterschieden.

KIG 1:
sehr leichte Fehlstellung
T: 1-3mm
Ü: ≤ 3mm
O: ≤ 1mm
è rein ästhetische Maßnahme
KIG 2:
leichte Fehlstellung
T: > 3mm
Ü: 3-6mm
O: 1-2mm
è überwiegend ästhetische, nur gering medizinische Indikation 
KIG 3:
deutliche Fehlstellung
T: > 3mm + traumatischer Zahnfleischkontakt
Ü: —
O: 2-4mm
è medizinische Indikation
KIG 4:
starke Fehlstellung
T: —
Ü: 6-9mm
O: > 4mm (durch Angewohnheiten erzeugt, z.B. Daumen lutschen)
è medizinische Indikation
KIG 5:
sehr starke Fehlstellung
T: —
Ü: > 9mm
O: > 4mm (durch Entwicklungsstörung entstanden)
è medizinische Indikation

KIG 1 und 2 beinhalten leichte Zahnfehlstellungen, deren Behandlung eher ästhetischen Zwecken dient. Daher müssen die Kosten für eine solche Behandlung vollständig vom Patienten getragen werden.

KIG 3-5 umfassen ausgeprägte bis sehr starke Fehlstellungen. Die Einstufung erfolgt durch Millimeterangabe bestimmter Abstände, wie z. B. einem Überbiss oder offenen Biss. In welche Stufe ein Patient fällt, hängt von der am stärksten ausgeprägten Fehlstellung ab, welche festgestellt wird.

Gibt es eine Rückerstattung der Kosten?

Erfolgt die Einstufung in KIG 3-5, werden 100 Prozent der Kosten für eine Zahnspange für Kinder übernommen, welche ausreichend, wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Zusatzleistungen, die die Behandlung für den Patienten angenehmer machen oder die Behandlungszeit verkürzen, fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Krankenkasse. Hierbei handelt es sich um Zusatzleistungen, deren Kosten der Patient selbst tragen muss.Während der Behandlung übernimmt die Krankenkasse 80% der Behandlungskosten sofort. Bei Geschwistern sind es 90%. 20 Prozent bzw. 10 Prozent muss der Patient zunächst selbst bezahlen. Dies erfolgt für gewöhnlich quartalsweise. Erst nach erfolgreichem Behandlungsende, welches der Kieferorthopäde bescheinigen muss, kann sich der Patient die erbrachte Eigenleistung von der Krankenkasse erstatten lassen.


Häufige Fragen über die Zahnspange bei Kindern

Wann ist eine Zahnspange zwingend notwendig bei Kindern?

Zeigen Kinder gravierende Anomalien wie eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte oder ein sehr starker Überbiss, so ist eine Zahnspange zwingend notwendig. Alle Fehlstellungen, welche starke Auswirkungen auf das Beißen, Kauen und Schlucken haben, indizieren die Notwendigkeit einer Zahnspange.

Zu solchen Fehlstellungen zählen ein Engstand der Zähne oder gegensätzlich das Lückengebiss. Ein weiteres Beispiel ist der Kreuzbiss, wobei die oberen Zähne innen an den unteren Zähnen vorbei beißen. Ein zu starkes oder schwaches Kieferwachstum kann zu einem Überbiss oder einem verkehrten Überbiss, dem sogenannten Vorbiss, führen. Eine Indikation für eine kieferorthopädische Behandlung liegt auch vor, wenn die Frontzähne aufeinanderbeißen (=Deckbiss) oder die unteren Schneidezähne in den Gaumen beißen (=Tiefbiss).

Wie lange dauert eine Behandlung?

Die Dauer einer kieferorthopädischen Behandlung hängt von dem Schweregrad der Fehlstellung, dem Alter des Patienten und der Behandlungsmethode ab. Kleinere Korrekturen von leicht verdrehten Zähnen können bereits innerhalb weniger Monate korrigiert werden.

Schwerwiegendere Fehlstellungen lassen sich dagegen nicht so schnell korrigieren. Bei zu starker Druckausübung kann der Zahn und vor allem die Zahnwurzel geschädigt werden. Um dies zu verhindern, müssen Zähne behutsam in die richtige Position gebracht werden.

Durchschnittlich muss man bei einer festen Zahnspange mit einer Behandlungszeit von ca. drei bis vier Jahren rechnen. Je nachdem ob bereits Vorarbeit mit herausnehmbaren Geräten erfolgt ist, kann sich die Behandlungszeit erhöhen oder verkürzen. Zudem folgt auf die eigentliche Behandlung die sogenannte Retentionsphase, welche notwendig ist, um ein langanhaltendes Ergebnis zu erhalten.